Rothenfels am Main, am Ostrand des Spessarts gelegen, zählt zu den wenigen unzerstörten und noch bewohnten deutschen Burgen des Mittelalters. Im Jahr 1150 gegründet als Sitz der edelfreien fränkischen Familie von Grumbach, kam sie 1343 an das Fürstbistum Würzburg, dem sie bis Ende 1802 als Amts- und Gerichtssitz diente. 1919 zog mit der katholischen Jugendbewegung Quickborn neues Leben in die alten Mauern ein. Heute arbeitet die Burg als unabhängige Tagungsstätte und Jugendherberge.
Die romanische Anlage der Anfangszeit ist in guten Teilen noch sichtbar, ergänzt durch spätgotische Neubauten des 16. Jahrhunderts, ein spätbarockes Amtshaus und weitläufige Wirtschaftsgebäude. Nach jahrzehntelangen Sanierungen gilt Rothenfels als Musterbeispiel für die gelungene Erhaltung eines Kulturdenkmals mit neuer Nutzung.
Die Schicksale der Burg werden hier vor dem Hintergrund der fränkischen und deutschen Geschichte nachgezeichnet. Ausführlich wird auch die Baugeschichte analysiert und dokumentiert, ergänzt mit zahlreichen historischen und aktuellen Plänen, Abbildungen und Fotografien. Politische, soziale und religiöse Entwicklungen, Wirtschafts- und Kunstgeschichte kommen zusammen, mit teils überraschenden Ergebnissen quer zur bisherigen Forschung.
Inhalt
Teil 1: Die Geschichte
1. Die Verteilung der Macht in Franken
2. Die Herren von Grumbach
3. Exkurs: Namen, Stand und Zeichen der Grumbacher
4. Das Kloster Neustadt
5. Die Gründung der Burg Rothenfels
6. Rothenfels als Adelsburg
7. Die Grafen von Rieneck-Rothenfels
8. Exkurs: Wappen, Siegel und Grabmäler der Rienecker
9. Rothenfels als Streit- und Pfandobjekt
10. Reformationszeit und Bauernkrieg
11. Von der Gegenreformation zur Säkularisation
12. Die Fürsten von Löwenstein-Wertheim-Rosenberg
13. Rothenfels als Verwaltungs- und Gerichtssitz
14. Rothenfels als Wirtschaftsbetrieb
15. Exkurs: Großbetrieb Burgküche
16. Exkurs: Münzen, Maße und Gewichte
17. Jugendburg und christliches Forum
18. Rothenfels im "Dritten Reich"
19. Flüchtlingslager und Neubeginn
20. Burg Rothenfels heute
Teil 2: Der Bau
1. Annäherungen an ein Bauwerk
2. Ringmauer, Schildmauer und Zwinger
3. Der Bergfried
4. Der Westturm
5. Der Südturm
6. Der Ostturm
7. Der Ostflügel
8. Exkurs: Die historische Burgkapelle
9. Der Südflügel
10. Der Westflügel
11. Burgtor und Torhäuser
12. Der äußere Bering
13. Ställe, Scheune und eine versunkene Zehntscheuer
14. Kellerei, Amtshaus und ein ehemaliges Burggut
15. Die Gartenanlagen
16. Die Wasserversorgung
17. Die Innenräume und ihre Einrichtung
18. Die Bewaffnung der Burg
19. Der Baubetrieb
20. Exkurs: Die Wappen
21. Exkurs: Die Steinmetzzeichen
22. Exkurs: Der Name "Rothenfels"
23. "Die neue Burg"
24. Die Burg im Bild und in der Belletristik
Teil 3: Anhang
1. Literaturbericht
2. Besitzer, Lehnsherren, Pfand- und Lehnsinhaber
3. Rothenfelser Burggüter (Burglehen)
4. Rothenfelser Amtmänner und Keller
5. Amtspersonal und Besoldungen
6. Amtsorte und Bevölkerung 1494-1748
7. Bevölkerung und Hofstätten 1743
8. Bevölkerungsstatisik 1803
9. Einnahmen Amt Rothenfels um 1474
10. Einnahmen / Ausgaben Amt Rothenfels 1499
11. Einnahmen / Ausgaben Amt Rothenfels 1511
12. Einnahmen / Ausgaben Amt Rothenfels 1764
13. Einnahmen / Ausgaben Amt Rothenfels 1802-1804
14. Einnahmen / Ausgaben Rentamt Rothenfels 1848
15. Handwerker und Lieferanten 1500
16. Preise im Amt Rothenfels um 1500 bis 1540
17. Grundeigentum der Burg Rothenfels
18. Nutzgärten der Burg Rothenfels um 1660
19. Grundeigentum der Burg seit 1919
20. Zeittafel
Literatur und Quellen
Abbildungsnachweis
Dank
Abkürzungen
Anmerkungen
Personenregister
Ortsregister
Farbtafeln
Vorwort
Am Ostrand des Spessarts, im Mainviereck zwischen Lohr und Wertheim, liegt Rothenfels, die kleinste Stadt Bayerns. Der Ort verdankt seine Entstehung der gleichnamigen Burg, in deren Schutz er sich auf einem schmalen Landstreifen zwischen Fluss und Felsen duckt. Auf steilem Hang über dem Maintal erhebt sich diese noch immer imposante Burg – einst eine mächtige, abweisende Festung, heute ein aus der Ferne eher malerisch wirkendes Ensemble von Türmen und Häusern mit gastfreundlich geöffneten Toren. Bei näherem Hinsehen erweist sich die weitläufige Anlage als eine der ältesten und größten noch aufrecht stehenden Burgen nicht nur in Unterfranken, sondern in ganz Süddeutschland. Und: Rothenfels zählt zu den wenigen noch bewohnten deutschen Burgen des Mittelalters. Im Lauf der Jahrhunderte hat sie freilich nicht nur mehrfachen Bedeutungswandel, sondern auch tiefgreifende bauliche Veränderungen erfahren.
Im Jahr 1150 gegründet als Sitz der fränkischen edelfreien Familie von Grumbach, kommt Rothenfels sogleich überregionale Bedeutung zu. Die Grumbacher sind Parteigänger der staufischen Könige, ihre Burg wird somit auch zu einem Stützpunkt der Reichsherrschaft in Franken. Entsprechend stark ist die bauliche Auslegung der noch immer gut erkennbaren romanischen Kernburg. Nach einem Zwischenspiel als Besitz der mächtigen Grafen von Rieneck gelangt die Burg mit dem zugehörigen Amt 1342 an das Fürstbistum Würzburg, bei dem sie trotz zahlreicher Verpfändungen als Verwaltungs- und Gerichtssitz bis Ende 1802 verbleibt. Die Landesherren lassen im 16. Jahrhundert weiträumige spätgotische Wohn- und Wirtschaftsgebäude und schließlich eine repräsentative barocke Kellerei errichten.
Bei der Auflösung der geistlichen Staaten kommt Rothenfels an das Fürstliche Haus Löwenstein-Wertheim-Rosenberg. Die Burg bleibt zunächst Sitz eines Herrschaftsgerichts, sinkt jedoch in die Bedeutungslosigkeit. Das 19. Jahrhundert ist die Zeit ihres Niederganges.
1919 zieht mit dem katholischen Jugendbund Quickborn neues Leben in die alten Mauern ein. Bemerkenswert ist in den Folgejahren der Ausbau der Burg zu einem Zentrum der Jugendbewegung, zur Jugendherberge und freien Tagungsstätte. In radikaler Abwendung von historisierender Burgenromantik entstehen hier schlichte, funktionale Räume zum Wohnen, Arbeiten und Feiern wechselnder „Burggemeinden“. Rechtsträger des Hauses ist bis heute die deutschlandweit verbreitete Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels.
1939 vom nationalsozialistischen Staat enteignet, wird die Burg erst 1950 an den Verein zurückgegeben. Heute ist Rothenfels eine unabhängige Stätte außerschulischer, musischer, theologischer und politischer Jugend- und Erwachsenenbildung. Eine seit Jahrzehnten noch andauernde Sanierung der Gebäude dient der Erhaltung des Kulturdenkmals und der Modernisierung für seine neuen Zwecke.
Die historische und bauliche Entwicklung der Burg wird in diesem Buch nachgezeichnet, eingeordnet in die Ereignisse der mainfränkischen Geschichte, abgesichert mit Urkunden- und Aktenmaterial und gestützt auf eine Analyse des Baubefundes. Viele Quellen werden hier zum ersten Mal überhaupt ausgewertet, andere neu und quer zur bisherigen Forschung interpretiert. Es bleiben unvermeidliche Lücken – für die mittelalterliche Geschichte gibt es kaum schriftliche Quellen, ab dem 16. Jahrhundert fließen diese reichlicher, für die neuere Zeit gebietet sich angesichts der anschwellenden Aktenmassen die Beschränkung auf die großen Linien. Planzeichnungen, historische und aktuelle Abbildungen und Fotografien sollen das Bild abrunden.
Das Buch hält so einiges Material für den landes- und burgengeschichtlichen Diskurs bereit. Vor allem will es den alten und neuen Freundinnen und Freunden der Burg Rothenfels, den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt und des Umlandes und allen, die auf Entdeckungsreisen durch das unterfränkische Maintal kommen, die mehr als 860 Jahre Geschichte und Baugeschichte dieses Ortes erschließen.
Rezensionen
Thomas Steinmetz in: Burgen und Schlösser. Zeitschrift für Burgenforschung und Denkmalpflege, H. 1/2013. Hg. Europäisches Burgeninstitut / Einrichtung der Deutschen Burgenvereinigung e. V. Braubach 2013, S. 63-64.
G. Ulrich Großmann in: Forschungen zu Burgen und Schlössern, Bd. 15: Die Pfalz Wimpfen und der Burgenbau in Südwestdeutschland. Hg. Wartburg-Gesellschaft zur Erforschung von Burgen und Schlössern e. V. Petersberg: Michael Imhof Verlag 2013, S. 263-264.
Monika Schaupp in: Wertheimer Jahrbuch 2010/11. Hg. Historischer Verein Wertheim in Verbindung mit dem Staatsarchiv Wertheim. Wertheim 2012, S. 326-328.
Theodor Ruf in: Aschaffenburger Jahrbuch für Geschichte, Landeskunde und Kunst des Untermaingebietes, Bd. 29/2013. Hg. Geschichts- und Kunstverein Aschaffenburg e. V. Aschaffenburg 2013, S, 442-443.
Meinulf Barbers in: konturen / rothenfelser burgbrief, H. 1/2013 Hg. Vereinigung der Freunde von Burg Rothenfels e. V. Rothenfels 2013, S. 20-22.